Frauen passen nicht zu Männern (lexikalisch)

2024-09-26 3 Min. lesen

Männer und Frauen

Wir haben unterschiedliche Wörter in der deutschen Sprache mit ähnlichen Bedeutungen. Und doch gibt es gewisse Nuancen, die es zu beachten sich lohnt. Denn über eine präzise und eindeutige Sprache kann Missverständnissen vorgebeugt und der allgemeine Sprachmehrwert erhöht werden. Dazu muss man sich allerdings im Klaren sein, wo der genauen Unterschied zwischen den sich inhaltlich ähnelnden Worten liegt.

Nehmen wir das Wort “Frau”. Es bezeichnet eine “erwachsene Person weiblichen Geschlechts”1, was meiner Meinung nach wenig aussagt. Ich würde es als einen ausgewachsenen Menschen mit zwei X-Chromosomen definieren, wobei ich da von manchen Seiten Widerspruch bekäme. Das passende Gegenstück zur Frau ist der Mann, eine “erwachsene Person männlichen Geschlechts”2, oder einfach ein ausgewachsener Mensch mit einem X- und einem Y-Chromosom. Ein verwandtes Wortpaar ist die Dame und der Herr, es sind die höflichen Anreden an erwachsene Menschen. Eine unverheiratete Frau war früher ein Fräulein, also eine verniedlichte Frau. Das ergibt Sinn, denn die meisten Frauen heirateten mit dem Eintritt in das Erwachsenenleben. Im Umkehrschluss waren fast nur Minderjährige unverheiratet, daher die Verniedlichung. Ein unverheirateter Mann müsste demnach ein Männlein sein. Dieses Wort ist allerdings noch weniger im Sprachgebrauch üblich, als das ohnehin schon wenig verbreitete Fräulein. Das liegt vermutlich daran, dass es bei Männern deutlich üblicher war, als Erwachsener nicht sofort zu heiraten.

Wo passt eigentlich die Herrin in dieses Schema? Es ist die weibliche Variante von Herr, wie es z. B. auch im Lateinischen normal ist. Da ist das Gegenstück zum dominus (lat. “Herr”) die domina (lat. “Herrin”). Aber dafür haben wir doch im Deutschen bereits die Dame. Stattdessen beschreibt die Herrin im allgemeinen Verständnis eine Frau mit eher typisch männlichen Eigenschaften, meist gebieterisch und streng. Währenddessen lässt die Dame ein anmutiges, besonders weibliches Wesen vermuten. Dies ist allerdings rein konnotativ, da die Dame vom französischen dame kommt, was wiederum nur vom lateinischen domina (lat. “Herrin”) kommt3. Die beiden Worte “Herrin” und “Dame” haben also dieselbe Bedeutung, nur einen anderen Ursprung.

Wir nehmen als passenden Gegensatz aber dennoch lieber die Dame zum Herren. Es heißt ja auch “Sehr geehrte Damen und Herren”.
Übrigens kommen dominus und domina von domus (lat. “Haus”)3, weil es sich um die Hausbesitzer handelte.

Ich bin Herr Zenz und meine Frau ist… Frau Zenz? Aber wir haben doch gesagt, der passende Gegensatz zum Herren ist die Dame. Warum sagen wir dann nicht ‘Dame Zenz’?
Tatsächlich war es vor nicht allzu langer Zeit üblich, Frauen mit gehobenem Status direkt mit Dame zu anzureden. Und auch Herr stand ja ursprünglich für einen Mann von höherem Stand. Es leitet sich vom althochdeutschen Wort hēriro ab, das “Anführer” oder “Herrscher” bedeutete. Dieses wiederum ist verwandt mit herizogo (ahd. heri Heer, zogo ziehen, führen) für den Heerführer, aus dem später der Herzog wurde4. Auch heute noch im Wort “Herrscher” finden wir wieder den Herren.

Wenn wir nun aber gesellschaftlich dazu übergegangen sind, alle Männer wie eine Autoritätsperson mit Herr anzusprechen, warum sprechen wir dann Frauen nicht immer mit Dame an? In der Tat war auch Frau früher eine ehrende Bezeichnung für Frauen von höherem Stand. Frau kommt von Althochdeutsch frouwa und steht für “Herrscherin”, “Gebieterin”5.

Eine gewöhnliche Frau war ein Weib, ohne die negative Konnotation der heutigen Tage. Denn Weib kommt von wīb und bedeutet einfach “Frau” oder “Mädchen”6.

Also ist es doch durchaus richtig, wenn man Herr Zenz und Frau Zenz zusammenbringt. Aber von Mann und Frau sollte nicht die Rede sein, denn das lexikalische Gegenstück zum Mann ist eigentlich das Weib, und zum Herren die Frau oder die Dame.